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Transactions

0730 - Alpiq Holding AG

Verfügung 730/01 vom 28. Mai 2019

Öffentliches Kaufangebot der Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG an die Aktionäre von Alpiq Holding AG – Feststellungsbegehren im Vorfeld des öffentlichen Kaufangebots mit Blick auf die Best Price Rule

Sachverhalt:

A.
Alpiq Holding AG (Alpiq oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Lausanne (HR-Firmennummer CHE-100.032.288). Der hauptsächliche Gesellschaftszweck von Alpiq (vgl. Art. 2 der Statuten von Alpiq) ist „der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und Verwertung von Beteiligungen an Unternehmen, insbesondere auf dem Gebiet von Energie, Elektrizität, Gas und Wärme. Die Gesellschaft kann Immobilien erwerben, verwalten, belasten und veräussern, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften errichten sowie alle Geschäfte tätigen, die mit dem Gesellschaftszweck direkt oder indirekt im Zusammenhang stehen oder diesem förderlich sind.“ Das Aktienkapital von Alpiq beträgt zurzeit CHF 278'746'490. Es ist eingeteilt in 27'874'649 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 10.00 (Alpiq-Namenaktie(n)). Die Alpiq-Namenaktien sind am Primärmarkt der SIX Swiss Exchange AG (SIX) kotiert (ISIN: CH0034389707; Valorennummer: 3.438.970; Valorensymbol: ALPH). Die Marktkapitalisierung der Alpiq beträgt rund CHF 2 Milliarden (Stand: 20. Mai 2019). Alpiq hat zahlreiche Tochtergesellschaften, einschliesslich die Alpiq AG, Olten, und die Alpiq Suisse AG, Lausanne (Alpiq zusammen mit ihren Tochtergesellschaften, die Alpiq-Gruppe). Art. 32 der Statuten von Alpiq enthält eine Opting out-Klausel im Sinne von Art. 125 Abs. 3 resp. 4 FinfraG, wonach „Erwerber von Aktien der Gesellschaft […] von der Pflicht eines Kaufangebots gemäss Art. 32 und Art. 52 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 befreit [sind].

Alpiq weist seit Jahren einen festen Aktionärskreis auf, bestehend aus den folgenden Aktionären mit den jeweils angegebenen aktuellen Beteiligungen am Stimmrechts- bzw. Aktienkapital von Alpiq (per 17. Mai 2019):

  • EOS Holding SA, Lausanne (EOS) mit 31.44%;
  • EDF Alpes Investissements Sàrl, Martigny (EDFAI) mit 25.04%;
  • Aziende Industriali di Lugano (AIL) SA (AIL) mit 2.13%;
  • EBL (Genossenschaft Elektra Baselland), Liestal (EBL) mit 7.13%;
  • EBM (Genossenschaft Elektra Birseck), Münchenstein (EBM) mit 13.65%;
  • Eniwa Holding AG, Buchs (ENIWA) mit 2.00%;
  • Kanton Solothurn, Solothurn (KTSO) mit 5.61%;
  • WWZ AG, Zug (WWZ) mit 0.91%;

(nachfolgend AIL, EBL, EBM, ENIWA, KTSO, WWZ zusammen die KSM-Mitglieder, welche zusammen über eine Beteiligung von insgesamt 31.43% an Alpiq verfügen; die KSM-Mitglieder und EOS sowie EDFAI zusammen die Alpiq-Aktionäre).

Der Streubesitz an Alpiq beträgt entsprechend 12.09%.

B.
Am 29. September 2005 schlossen die Alpiq-Aktionäre, Alpiq und die Alpiq AG eine Konsortialvereinbarung ab, welche seither durch 17 Zusätze ergänzt wurde (Konsortialvereinbarung).

C.
Im April 2013 haben einzelne Parteien der Konsortialvereinbarung, namentlich EOS, EBM, EBL, KTSO, ENIWA und WWZ, der Alpiq basierend auf sog. Shareholder Loan Notes ein Hybrid-Darlehen im Umfang von insgesamt CHF 366.5 Mio. gewährt (Hybrid-Darlehen).

Das Hybrid-Darlehen setzt sich aus den folgenden Darlehensbeträgen zusammen:

  • EOS mit CHF 242 Mio. entsprechend rund 66.0%;
  • EBL mit CHF 10 Mio. entsprechend rund 2.7%;
  • EBM mit CHF 70 Mio. entsprechend rund 19.1%;
  • ENIWA mit CHF 10 Mio. entsprechend rund 2.7%;
  • KTSO mit CHF 30 Mio. entsprechend rund 8.2%;
  • WWZ mit CHF 4.5 Mio. entsprechend rund 1.2%.

D.
Mit Schreiben vom 23. August 2018 hat EDFAI die Konsortialvereinbarung mit Wirkung per 28. September 2020 gekündigt.

E.
Am 4. April 2019 haben EOS, EBM, EDFAI sowie die EDF International SAS, Paris (EDFI), einen Aktienkaufvertrag (das EDF SPA) abgeschlossen, gemäss welchem EDFAI ihre 6'981'184 Alpiq-Namenaktien, entsprechend einer Beteiligung von 25.04% des Stimmrechts- bzw. des Aktienkapitals von Alpiq (vgl. Sachverhalt Bst. A) zu einem Kaufpreis von CHF 70 pro Alpiq-Namenaktie zu gleichen Teilen an EOS und EBM verkauft (Akquisition).

Die Finanzierung der Akquisition erfolgt basierend auf einem ebenfalls am 4. April 2019 unterzeichneten Mandatory Exchangeable Loan Agreement mittels durch die Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG (vgl. zu dieser Gesellschaft Sachverhalt Bst. F unten) gewährten Pflichtwandelanleihen (Pflichtwandelanleihen), welches nach einer Cooling off-Periode zwingend durch die Übergabe der durch EOS und EBM unter dem EDF SPA erworbenen Alpiq-Namenaktien an die Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG zurückgezahlt werden soll. Der Wandelpreis entspricht dabei dem Kaufpreis gemäss dem EDF SPA (d.h. CHF 70 pro Alpiq-Namenaktie).

Das EDF SPA sieht verschiedene Nachzahlungen- bzw. Differenzzahlungen (Nach- resp. Differenzzahlungen) vor, welche zukünftig unter bestimmten Umständen von EOS bzw. EBM an EDFAI zu leisten sind:

  Falls innerhalb von 18 Monaten ab Vollzug des EDF SPA weder ein öffentliches Übernahmeangebot noch eine Squeeze out-Fusion für alle oder einen Teil der Alpiq-Namenaktien lanciert wird (vgl. dazu Sachverhalt Bst. F), hat EBM einen zusätzlichen Kaufpreis von CHF 2 pro Alpiq-Namenaktie zu bezahlen (Ziff. 2.2 (c) des EDF SPA).
  Sofern innerhalb von 18 Monaten ab Vollzug des EDF SPA eine oder mehrere nicht explizit ausgeschlossene Folgetransaktionen stattfinden sollten, haben EOS und EBM eine zusätzliche Entschädigung in CHF zu bezahlen, welche der Differenz zwischen dem höchsten in einer Folgetransaktion für die Alpiq-Namenaktie bezahlten Preis und dem Kaufpreis von CHF 70 plus allfälligem zusätzlichen Kaufpreis, multipliziert mit der Anzahl der von EDFAI erworbenen Alpiq-Nameaktien entspricht. Eine Differenzzahlung in diesem Sinne wird bspw. fällig, wenn der Angebotspreis im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots auf Alpiq (vgl. dazu Sachverhalt Bst. F) erhöht werden sollte. (Ziff. 2.3 des EDF SPA).

Zur Sicherstellung der Verpflichtungen von EOS und EBM unter den Pflichtwandelanleihen wurden die Alpiq-Namenaktien, die Gegenstand der Akquisition bildeten, an die Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG verpfändet.

Das EDF SPA wurde am 28. Mai 2019 vollzogen. Der Vollzug des EDF SPA steht unter der einzigen Bedingung, dass die notwendigen wettbewerbsrechtlichen Freistellungen (rechtskräftig) erteilt werden (sog. Required Clearances/Approvals-Bedingung) (im Sinne einer condition precedent to closing). Nach erfolgtem Vollzug des EDF SPA soll zeitnah eine ausserordentliche Generalversammlung der Alpiq stattfinden, an welcher vier von der Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG nominierte Mitglieder an Stelle der anlässlich des Vollzugs des EDF SPA zurücktretenden von EDF nominierten Mitglieder in den Verwaltungsrat der Alpiq gewählt werden sollen.

Nach Vollzug des EDF SPA wird sich das Aktionariat der Alpiq wie folgt zusammensetzen (mit den jeweils angegebenen-Beteiligungen am Stimmrechts- bzw. Aktienkapital):

  • EOS mit 43.96%;
  • AIL mit 2.13%;
  • EBL mit 7.13%;
  • EBM mit 26.17%;
  • ENIWA mit 2.00%;
  • KTSO mit 5.61%;
  • WWZ mit 0.91%.

Die KSM-Mitglieder werden entsprechend zusammen über eine Beteiligung von insgesamt 43.95% an Alpiq verfügen.

Der Streubesitz an Alpiq wird weiterhin 12.09% betragen.

F.
Ebenfalls am 4. April 2019 – unmittelbar nach Unterzeichnung des EDF SPA – haben EOS, die Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG (nachfolgend SKBAG oder Anbieterin), eine zu 100% von der Credit Suisse Anlagestiftung, Zürich, gehaltene Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zug, und die KSM-Mitglieder vor dem Hintergrund, sich zukünftig in drei Aktionärsgruppen zu organisieren, welche je über ein Drittel des Aktienkapitals der Alpiq bzw. (nach einer allfälligen Squeeze out-Fusion, vgl. dazu die Ausführungen weiter unten) einer Nachfolgegesellschaft der Alpiq (Alpiq NewCo) verfügen (Neuorganisation),

  eine Transaktionsvereinbarung betreffend Neuorganisation des Aktionariats von Alpiq (Transaktionsvereinbarung), welche die Absichten der nach dem Vollzug des EDF SPA bestehenden (neuen) Gruppe der Kernaktionäre der Alpiq (d.h. EOS, Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG und KSM-Mitglieder) sowie die einzelnen Elemente der Neuorganisation bis zur allfälligen Implementierung der Alpiq NewCo regelt,
  einen Aktionärsbindungsvertrag betreffend Rechte und Pflichten als Aktionäre von Alpiq, der ihr gegenseitiges Verhältnis in Bezug auf die Beteiligungen an Alpiq regelt und der die Konsortialvereinbarung ab Vollzug des EDF SPA ersetzen soll (Aktionärsbindungsvertrag) sowie
  einen Übergangsvertrag betreffend Übergangsbestimmungen zum Aktionärsbindungsvertrag (Übergangsvertrag)

unterzeichnet.

Der Aktionärsbindungsvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Parteien für die Zeit nach dem Vollzug der Neuorganisation (d.h. wenn die Aktionärsgruppen nach Durchführung des Squeeze out und der Umwandlung der Hybrid-Darlehen je über einen Drittel des Aktienkapitals der Alpiq verfügen), der Übergangsvertrag für die Übergangsphase ab Inkrafttreten des Aktionärsbindungsvertrags bis zum Vollzug der Neuorganisation. Der Aktionärsbindungsvertrag tritt unter der Suspensivbedingung des Vollzugs des EDF SPA in Kraft (Ziffer 23 lit. a des Aktionärsbindungsvertrags). Allerdings entfaltet der Aktionärsbindungsvertrag ab Inkrafttreten nur insofern Wirkung, als bis zum Vollzug der Neuorganisation der Übergangsvertrag gilt (Ziffer 10 des Aktionärsbindungsvertrags). Gemäss Übergangsvertrag sollen die Bestimmungen des Aktionärsbindungsvertrags gelten, soweit im Übergangsvertrag nichts Abweichendes geregelt ist (wobei die abweichenden Regelungen dem Umstand Rechnung tragen, dass noch nicht alle Aktionärsgruppen über je einen Drittel der Alpiq-Namenaktien verfügen, die Alpiq-Namenaktien noch an der SIX kotiert sind und noch Alpiq-Namenaktien von Minderheitsaktionären gehalten werden).

Zur Herbeiführung der Neuorganisation sind nebst dem Vollzug des EDF SPA (vgl. Sachverhalt Bst. E) die folgenden Schritte vorgesehen:

  Voranmeldung und Kaufangebot: Die SKBAG veröffentlicht sodann voraussichtlich am 29. Mai 2019, nach Vollzug des EDF SPA, eine Voranmeldung (Voranmeldung) für ein öffentliches Übernahmeangebot im Sinne von Art. 125 ff. FinfraG für alle sich im Publikum befindlichen Alpiq-Namenaktien (Kaufangebot) zu einem Angebotspreis von CHF 70 pro Alpiq-Namenaktie. Das Kaufangebot soll voraussichtlich ausschliesslich darauf bedingt werden, dass es nicht durch eine behördliche Anordnung untersagt wird (sog. No Injunction-Bedingung).
  Dekotierung, Statutenänderungen und neue Zusammensetzung des Verwaltungsrats: Nach dem Vollzug des Kaufangebots wird Alpiq respektive der Verwaltungsrat der Alpiq die Alpiq-Namenaktien von der SIX dekotieren lassen. Nach der Dekotierung der Alpiq-Namenaktien werden an einer weiteren ausserordentlichen Generalversammlung die Statuten der Alpiq (im Wesentlichen die Bestimmungen, welche Folge der Kotierung waren) geändert. Auch soll der Verwaltungsrat von Alpiq entsprechend den Bestimmungen des Aktionärsbindungsvertrags neu gewählt werden (d.h. der Verwaltungsrat soll maximal sieben Mitglieder umfassen mit je zwei Vertretern der drei Kernaktionäre [EOS, SKBAG und KSM-Mitglieder] sowie einem unabhängigen Verwaltungsratsmitglied).
  Rückzahlung bzw. Wandlung der Pflichtwandelanleihen: Durch Wandlung der Pflichtwandelanleihen werden EOS und EBM die unter dem EDF SPA erworbenen je 3'489'906 oder insgesamt 6'981'184 Alpiq-Namenaktien an die SKBAG übertragen. Entsprechend den Bestimmungen der Pflichtwandelanleihen werden die Alpiq-Namenaktien unabhängig vom dann herrschenden Marktpreis oder Wert der Alpiq-Namenaktien zum Erwerbspreis gemäss EDF SPA übertragen, welcher identisch ist mit dem Angebotspreis des Kaufangebots (d.h. CHF 70 pro Alpiq-Namenaktie). Die Rückzahlung bzw. Wandlung der Pflichtwandelanleihen erfolgt am früheren der folgenden Daten: (i) Das Datum des Geschäftstags nach der Dekotierung der Alpiq-Namenaktien oder (ii) der Jahrestag des Vollzugs des EDF SPA.
  Squeeze out-Transaktion: Nach Durchführung des Kaufangebots sollen verbleibende Minderheitsaktionäre ausgekauft werden. Sofern die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Ablauf der Nachfrist des Kaufangebots über mindestens 90% und maximal 98% der Stimmrechte der Alpiq verfügen, wird die Anbieterin zu diesem Zweck eine Squeeze out-Fusion nach Art. 8 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 5 FusG durchführen, wobei der Fusionsvertrag diesfalls erst nach der zeitlichen Geltungsdauer der Best Price Rule, d.h. sechs Monate nach Ende der Nachfrist unterzeichnet werden soll (vgl. Art. 10 Abs. 1 UEV). Verfügen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen über mehr als 98% der Stimmrechte der Alpiq, wird die Anbieterin (im Vorfeld der hiervor erwähnten Dekotierung) ein gerichtliches Kraftloserklärungsverfahren gemäss Art. 137 FinfraG durchführen lassen (die Squeeze out-Fusion und das Kraftloserklärungsverfahren nachfolgend auch Squeeze out-Transaktion).
  Auflösung bzw. Wandlung der Hybrid-Darlehen: Die bestehenden Hybrid-Darlehen werden im Rahmen einer Kapitalerhöhung von Alpiq, die durch die Generalversammlung von Alpiq noch zu beschliessen ist, in Alpiq-Namenaktien (bzw. im Fall einer vorausgegangenen Squeeze out-Fusion in Aktien der Alpiq NewCo) umgewandelt, wobei der Bezugspreis für die Alpiq-Namenaktien dem Angebotspreis von CHF 70 entsprechen soll.
  Ausgleichstransaktionen zwecks Herstellung der Drittelsstruktur: Gemäss den Bestimmungen der Transaktionsvereinbarung stellen die drei Aktionärsgruppen (EOS, SKBAG und die KSM-Mitglieder) nach der Wandlung der Hybrid-Darlehen mittels Käufen und Verkäufen zu CHF 70 pro Alpiq-Namenaktie (bzw. Aktien der Alpiq NewCo im Fall einer vorausgegangenen Squeeze out-Fusion) unter sich sicher, dass jede Aktionärsgruppe im Endergebnis einen Drittel der Alpiq-Namenaktien (bzw. der Aktien der Alpiq NewCo) hält. Für das gemäss der gesuchstellenden Anbieterin unwahrscheinliche bzw. bei Einhaltung aller Verträge gar unmögliche Szenario, dass es notwendig sein sollte, dass EOS ihre Beteiligung erhöhen muss, um Parität herzustellen, müssten die anderen beiden Aktionärsgruppen ihr die notwendigen Alpiq-Namenaktien gegenleistunglos zur Verfügung stellen.
  Abschluss von langfristigen Strombezugsverträgen (Off Take Agreements): Gemäss Ziff. 7.2 des Aktionärsbindungsvertrags beabsichtigen die Aktionärsgruppen respektive die zu den Aktionärsgruppen gehörenden Parteien zur finanziellen Stabilisierung der Alpiq langfristige Strombezugsverträge (sog. Off Take Agreements) abzuschliessen. Die einzelnen Aktionäre werden entsprechend ab dem 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2026 im selben Verhältnis wie sie an Alpiq (bzw. einer Alpiq NewCo) beteiligt sein werden, einen Teil der Wasserkraftproduktion der Alpiq Suisse AG für eine jährliche Gesamtmenge von 1.920 TWh zu beziehen und zwar zu einem Preis, der den durchschnittlichen Produktionskosten der Alpiq Suisse AG inklusive Herkunftsnachweise entspricht, jedoch begrenzt auf maximal CHF 60 pro Megawattstunde (MWh). Sofern der Marktpreis in der genannten Periode über den durchschnittlichen Produktionskosten liegt, sind die Stromkäufer nicht berechtigt, gestützt auf die Off Take Agreements Strom zu beziehen. In diesen Off Take Agreements wird auch festgelegt werden, dass die Stromkäufer das Recht haben, in den anschliessenden 10 Jahren (das heisst ab 1. Januar 2027 bis 31. Dezember 2036) die positive Differenz zwischen dem tatsächlichen gezahlten Preis und dem Marktpreis im Zeitpunkt des entsprechenden Erwerbs in Form von Sachleistungen (bzw. über physischen Strombezug) auszugleichen und sich so schadlos zu halten. Die Details der für diesen Strombezug noch zu erstellenden, für alle Aktionäre gleichlautenden Off Take Agreements werden in einem bestimmten Ausmass auch den jeweiligen Marktpreis und einen Referenzpreis berücksichtigen. Die Parteien beabsichtigen nicht, durch diese Off Take Agreements irgendeinen Aktionär oder eine Aktionärsgruppe zu bevorzugen.

G.
Mit Eingabe vom 17. Mai 2019 reichte die Anbieterin ein Gesuch um vorgängige Prüfung gemäss Art. 59 UEV (SKBAG-Gesuch) mit den nachstehend genannten Anträgen bei der Übernahmekommission ein:

1. Es sei festzustellen, dass unter Berücksichtigung der von:

- Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG, Zug, c/o Bär & Karrer AG, Baarerstrasse 8, 6302 Zug ("SKBAG"),
- EOS Holding SA, Chemin de Mornex 6, 1001 Lausanne ("EOS"),
- EDF Alpes Investissements Sàrl, c/o Fiduciaire FIDAG SA, Rue des Cèdres 9, 1920 Martigny ("EDFAI"),
- EDF International SAS, Place de la defense 20, 9205 Paris ("EDF"),
- Aziende Industriali di Lugano (AIL) SA, Via della Posta 8, 6900 Lugano ("AIL"),
- EBL (Genossenschaft Elektra Baselland), Mühlemattstrasse 6, 4410 Liestal ("EBL"),
- EBM (Genossenschaft Elektra Birseck), Weidenstrasse 27, 4142 Münchenstein ("EBM"),
- Eniwa Holding AG, Industriestrasse 25, 5033 Buchs ("ENIWA"),
- Kanton Solothurn, Rathaus, Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn ("KTSO"),
- WWZ AG, Chollerstrasse 24, 6301 Zug ("WWZ"; AIL, EBL, EBM,ENIWA, KTSO und WWZ nachfolgend zusammen die "KSM-Mitglieder" und einzeln je ein "KSM-Mitglied")

am 4. April 2019 abgeschlossenen Verträge (also dem Vertrag betreffend den Kauf des EDFAI-Aktienpakets durch EBM und EOS, den Vereinbarungen betreffend die Finanzierung des Kaufpreises durch SKBAG und die Wandlung der von verschiedenen Parteien [nämlich EOS, EBL, EBM, KTSO, ENIWA und WWZ] der Alpiq gewährten Hybrid-Darlehen, der zwischen SKBAG, EOS und den KSM-Mitgliedern abgeschlossen Transaktionsvereinbarung sowie dem unter denselben Parteien abgeschlossenen Aktionärsbindungsvertrag und Übergangsvertrag) bei einem Angebotspreis von CHF 70 je Namenaktie der Alpiq Holding AG die Best Price Rule gemäss Art. 10 UEV nicht verletzt ist.

2. Die Verfügung der Übernahmekommission sei frühestens nach oder gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Voranmeldung zu veröffentlichen.

Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

Dem SKBAG-Gesuch lagen die folgenden Dokumente bei: EDF SPA; 17. Zusatz zur Konsortialvereinbarung; Mandatory Exchangeable Loan Agreement; Transaktionsvereinbarung; Aktionärsbindungsvertrag; Übergangsvertrag; Vereinbarung betreffend Einhaltung der Best Price Rule; Gutachten der IFBC AG betreffend die Identifikation und die Bewertung der wesentlichen sich gegenüberstehenden Leistungen, Nebenleistungen und Gegenleistungen resultierend aus dem Aktionärsbindungsvertrag.

H.
Am 21. Mai 2019 reichte die Alpiq Holding AG ein Gesuch um Feststellung des Nichtvorliegens einer gesetzwidrigen Abwehrmassnahme (Alpiq-Gesuch) sowie eine Stellungnahme zum SKBAG-Gesuch bei der Übernahmekommission ein (Alpiq-Stellungnahme).

Mit der Alpiq-Stellungnahme bekundete die Zielgesellschaft, dass die Anträge der Anbieterin im SKBAG-Gesuch gutzuheissen seien.

Mit dem Alpiq-Gesuch unterbreitete die Zielgesellschaft der Übernahmekommission den folgenden Sachverhalt

  Am 30. Oktober 2018 kündigte Alpiq via Medienmitteilung an, den Verkauf von zwei tschechischen Kohlekraftwerken im Rahmen eines Gesellschaftskaufs (sog. Share Deal) zu evaluieren. Die beiden Kohlekraftwerke stehen im Eigentum der Alpiq Generation (CZ) s.r.o., Kladno, einer Gesellschaft, welche die Alpiq indirekt über eine 100%-ige Tochtergesellschaft hält. Der Verkauf der Kohlekraftwerke soll als sog. Share Deal, bei dem die Aktien der Alpiq Generation (CZ) s.r.o. übertragen werden, abgewickelt werden (AGCZ-Transaktion);
  Die Planungsarbeiten mit Blick auf die AGCZ-Transaktion waren im Herbst 2018 aufgenommen worden und mündeten in einen Auktionsprozess, den die Alpiq im November 2018 mit der Kontaktierung möglicher Kaufinteressenten lancierte. Anfang Februar 2019 unterbreiteten verschiedene Kaufinteressenten unverbindliche Kaufofferten und wurden in der Folge zu sog. Due Diligence-Prüfungen, Management Presentations und Site Visits eingeladen;
  Im Frühling 2019 erhielt Alpiq erstmals Kenntnis über die Planungen der SKBAG mit Blick auf das Kaufangebot, wobei der Zeithorizont damals noch weitgehend offen war und davon ausgegangen wurde, dass das Kaufangebot erst im Herbst 2019 lanciert würde. Anfang April 2019 wurde der Alpiq sodann auch mitgeteilt, dass das Kaufangebot allenfalls schon früher erfolgen könne;
  Nach Auswertung aufdatierter Kaufangebote der verbleibenden Kaufinteressenten entschied sich Alpiq für die Offerte der tschechischen Sev.en Energy Group mit einem Kaufpreis von CHF 310 Millionen, schloss am 16. Mai 2019 einen entsprechenden Aktienkaufvertrag (SPA) mit der Käuferin ab und informierte einen Tag später die Öffentlichkeit via Medienmitteilung über die entsprechenden Vorgänge. Die AGCZ-Transaktion soll vorbehaltlich verschiedener Vollzugsbedingungen (insbesondere der Genehmigung der tschechischen Wettbewerbsbehörde) im zweiten Halbjahr 2019 vollzogen werden;

und stellte die nachfolgenden Anträge:

1. Es sei festzustellen, dass der Vollzug des Aktienkaufvertrags (das SPA) vom 16. Mai 2019 zwischen Alpiq AG als Verkäuferin und Sev.en Zeta a.s. als Käuferin betr. die Aktie in Alpiq Generation (CZ) s.r.o. keine gesetzeswidrige Abwehrmassnahme i.S.v. Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV i.V.m. Art. 132 Abs. 2 FinfraG darstellt.
2. Eventualiter sei bezüglich des Vollzugs des SPA eine Ausnahme gemäss Art. 4 Abs. 1 UEV hinsichtlich der Bestimmung von Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV i.V.m. Art. 132 Abs. 2 FinfraG zu gewähren.
3. Die Verfügung der Übernahmekommission sei nach der Veröffentlichung der Voranmeldung zu publizieren; vertrauliche Informationen seien nicht in der Verfügung der Übernahmekommission zu veröffentlichen.

Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

I.
Zur Prüfung dieser Angelegenheiten wurde ein Ausschuss bestehend aus dem Präsidenten Thomas A. Müller, Mirjam Eggen und Thomas Rufer gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Feststellungsinteresse

[1] Im SKBAG-Gesuch führt die Anbieterin aus, dass es der gefestigten Praxis der Übernahmekommission entspreche, auf Gesuch hin zu konkreten Rechtsfragen im Vorfeld eines beabsichtigten öffentlichen Übernahmeangebots in der Form einer Feststellungsverfügung Stellung zu nehmen respektive diese zu klären. Weiter erklärt die gesuchstellende Anbieterin, dass sie ein berechtigtes Interesse an der Klärung ihrer Anträge habe und sich vorbehalte, ihre Anträge zu ändern sowie weitere Anträge zu stellen.

[2] Art. 139 Abs. 1 FinfraG bestimmt, dass für das Verfahren vor der Übernahmekommission „unter Vorbehalt [gewisser] Ausnahmen die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 gelten.“ Gemäss Art. 59 Abs. 1 UEV kann ein Anbieter der Übernahmekommission den Entwurf einer Voranmeldung (oder eines Angebotsprospekts) vor der Veröffentlichung zur Prüfung unterbreiten. Für übrige Verfahren i.S.v. Art. 61 UEV ist vorausgesetzt, dass ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse gegeben ist (vgl. Art. 25 VwVG). Es muss für den Gesuchsteller eine direkte und aktuelle Unklarheit über die Rechtslage bestehen, die mittels einer Feststellungsverfügung geklärt werden kann (Verfügung 638/01 vom 9. September 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 1; Verfügung 543/01 vom 7. August 2013 in Sachen Schmolz+Bickenbach AG, Erw. 3).

[3] Im vorliegenden Fall ist ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse i.S.v. Art. 61 UEV gegeben. Die Rechtslage für die gesuchstellende Anbieterin und das von dieser beabsichtigte Kaufangebot erscheint insbesondere im Hinblick auf die Best Price Rule unklar. Diese Unklarheit ist direkt und aktuell. Ebenso kann sie mittels Feststellungsverfügung geklärt werden.

[4] Die Übernahmekommission tritt damit auf das SKBAG-Gesuch ein.

2. Der Angebotspreis im Spannungsfeld der Mindestpreisvorschriften und der Best Price Rule

2.1 Grundlagen

[5] Gemäss Art. 9 Abs. 5 Satz 1 UEV kann ein Anbieter den Angebotspreis frei bestimmen, falls sein Angebot Beteiligungspapiere umfasst, deren Erwerb keine Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes auslösen würde.

[6] Der in Art. 9 Abs. 5 Satz 1 UEV verankerte Grundsatz kennt allerdings in der Form

(i) der Mindestpreisvorschriften sowie
(ii) der Best Price Rule

zwei wesentliche Einschränkungen, welche sich aus dem Prinzip der Gleichbehandlung ableiten.

[7] Das Prinzip der Gleichbehandlung verlangt, dass der Anbieter die Besitzer von Beteiligungspapieren derselben Art und damit auch die Empfänger eines Angebots grundsätzlich gleich zu behandeln hat (vgl. Art. 127 Abs. 2 FinfraG). Werden einem Aktionär der Zielgesellschaft während des Angebots bzw. nach der Voranmeldung besondere Vorteile gewährt, so sind diese grundsätzlich allen anderen Empfängern des Angebots ebenfalls einzuräumen.

2.2 Nichtanwendbarkeit der Mindestpreisvorschriften

[8] Die Mindestpreisvorschriften im Sinne von Art. 135 Abs. 2 FinfraG in Verbindung mit Art. 42-47 FinfraV-FINMA sehen vor, dass der Preis des Angebots mindestens gleich hoch sein muss wie der höhere der folgenden Beträge:

a. der Börsenkurs eines Beteiligungspapiers der Zielgesellschaft (Art. 135 Abs. 2 lit. a FinfraG sowie Art. 42 FinfraV-FINMA) (Börsenkurs);
b. der höchste Preis, den der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen in den zwölf letzten Monaten vor Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt haben (Art. 135 Abs. 2 lit. b FinfraG sowie Art. 43 FinfraV-FINMA) (Preis des vorausgegangenen Erwerbs).

[9] Die Mindestpreisvorschriften sind stets zu beachten bei sog. Pflichtangeboten, d.h. Angeboten, die gemacht werden müssen, wenn der Aktienbesitz einer Person an der Zielgesellschaft die Limite von 33 1/3% übersteigt (vgl. dazu Art. 135 Abs. 1 FinfraG). Gemäss Art. 9 Abs. 6 UEV finden die Mindestpreisvorschriften sodann auch auf alle Angebote Anwendung, bei denen der Erwerber – im Fall eines erfolgreichen Angebots – so viele Beteiligungspapiere erwirbt, dass er zusammen mit einer allfälligen bereits vorher existierenden Beteiligung den Grenzwert von 33 1/3% überschreitet (sog. Kontrollwechsel-Angebot).

[10] Die Mindestpreisvorschriften gelangen hingegen insbesondere dann nicht zur Anwendung, wenn die Statuten der Zielgesellschaft eine gültige Opting out-Klausel im Sinne von Art. 125 Abs. 3 oder 4 FinfraG enthalten (Verfügung 699/01 vom 31. Juli 2018 in Sachen Bank Cler AG, Erw. 4; Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 390).

[11] Die Opting out-Klausel in Art. 32 der Statuten von Alpiq (vgl. Sachverhalt Bst. A) wurde anlässlich der Generalversammlung vom 24. Juni 1999 nachträglich zur Kotierung der Alpiq-Namenaktien, jedoch innert der Übergangsfrist von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Börsengesetzes und damit zwischen dem 1. Januar 1998 und dem 31. Dezember 1999 eingeführt (vgl. dazu aArt. 53 BEHG in der bis zur Teilrevision des BEHG per 1. Mai 2013 gültigen Fassung, wonach „[b]ereits kotierte Gesellschaften […] innert zweier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Bestimmung gemäss Artikel 22 Absatz 2 [d.h.ein Opting out, das von der Übernahmekommission – vorbehältlich von Nichtigkeitsgründen – nicht auf seine Gültigkeit überprüft wird] in ihre Statuten aufnehmen [können].“) (beachte: Bei Einführung des Opting out firmierte die Zielgesellschaft noch unter dem Namen Motor-Columbus AG, welche hiernach in Atel Holding AG umbenannt wurde und schliesslich in der Alpiq aufging).

[12] Die Zielgesellschaft verfügt damit in ihren Statuten über ein gültiges Opting out, womit die Mindestpreisvorschriften im vorliegenden Fall nicht anwendbar sind.

2.3 Frage der Anwendbarkeit der Best Price Rule

[13] Die in Art. 10 UEV verankerte Best Price Rule verlangt, dass ein Anbieter und die mit diesem in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, der von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, diesen Preis allen Empfängern des Angebots anbieten muss (wobei gemäss der Praxis der Übernahmekommission mit der Veröffentlichung des Angebots die Publikation der Voranmeldung oder des Angebotsprospekts gemeint ist, vgl. Verfügung 678/02 vom 28. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 1.1). Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel nach Veröffentlichung eines Angebots zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV). Durch die Best Price Rule werden während der Dauer des Angebots sämtliche Angebotsempfänger geschützt, indem deren Ungleichbehandlung in Bezug auf die Gegenleistung für ihre Beteiligungspapiere ausgeschlossen ist (Verfügung 623/02 vom 30. März 2016 in Sachen Kuoni Reisen Holding AG, Erw. 2.4; Tatjana Linder, Die Best Price Rule im schweizerischen Übernahmerecht unter besonderer Berücksichtigung der Cross Conditionality, Zürich/Basel/Genf 2010, S. 115).

[14] Im Unterschied zu den in Erw. 2.2 angesprochenen Mindestpreisvorschriften gelangt die Best Price Rule im Rahmen eines Angebots grundsätzlich immer zur Anwendung, sofern eine Transaktion den spezifischen Anwendungsbereich der Best Price Rule erfüllt (vgl. zum Anwendungsbereich der Best Price Rule die Ausführungen in untenstehender Erw. 3).

[15] Die Best Price Rule ist verletzt, wenn der Preis, den der Anbieter bzw. eine in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handelnde Person für (in- oder ausserhalb der Abwicklung des Angebots) erworbene Beteiligungspapiere (bzw. Beteiligungsderivate) bezahlt, über dem massgeblichen Angebotspreis liegt (vgl. Verfügung 624/03 vom 29. April 2016 in Sachen Syngenta AG, Erw. 1.3.2), wobei sog. geldwerte Nebenleistungen, welche der Anbieter bzw. eine in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handelnde Person einem andienenden oder auch nicht-andienenden Aktionär neben dem Angebotspreis für Beteiligungsrechte zusätzlich zukommen lässt, in die Kalkulation des für die Best Price Rule massgeblichen Erwerbspreises einzubeziehen, d.h. zum Erwerbspreis hinzuzuzählen sind (vgl. Verfügung 623/01 vom 25. Februar2016 in Sachen Kuoni Reisen Holding AG, Erw. 5.3). Dabei ist es im Anwendungsbereich der Best Price Rule Aufgabe der Prüfstelle abzuklären, ob und welche zusätzlichen geldwerten Leistungen bestehen und diese nötigenfalls zu bewerten (Verfügung 623/01 vom 25. Februar 2016 in Sachen Kuoni Reisen Holding AG, Erw. 5.3).

[16] Fällt eine Transaktion nicht in den Anwendungsbereich der Best Price Rule, sind Nebenleistungen in Bezug auf die Rechtmässigkeit des Angebotspreises für das vorliegende Kaufangebot bedeutungslos resp. nicht relevant, weil die Mindestpreisregeln wie in Erw. 2.2 oben dargelegt nicht zur Anwendung kommen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Transaktion als vorausgegangener Erwerb gilt.

 

3. Anwendungsbereich der Best Price Rule

3.1 Allgemeines

[17] Der Anwendungsbereich der Best Price Rule nach Art. 10 Abs. 1 UEV beinhaltet eine persönliche (wer?), zeitliche (wann?) und eine sachliche (was?) Komponente (vgl. Verfügung 678/02 vom 28. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 1.2).

3.2 Persönlicher Anwendungsbereich

[18] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Solche Personen haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten: Die Best Price Rule erfasst dementsprechend sowohl die Erwerbsgeschäfte des Anbieters bzw. der Anbietergruppe als auch jene der mit dem Anbieter in gemeinsamer Absprache handelnden Personen (Verfügung 678/02 vom 28. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 1.2.1).

3.3 Zeitlicher Anwendungsbereich

[19] In zeitlicher Hinsicht gilt die Best Price Rule vom Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts bzw. der Voranmeldung bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist (Art. 10 Abs. 1 UEV).

[20] Die Frist von sechs Monaten soll sicherstellen, dass die Angebotsempfänger preislich gleich behandelt werden, und Umgehungen verhindern. Ohne eine solche Frist könnte ein Aktionär den Ablauf der Nachfrist abwarten, um eine Prämie zu verlangen, die ihm im Rahmen des Angebots nicht bezahlt werden könnte (Verfügung 638/01 vom 9. September 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 4.2.1.2; Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 674; Urs Schenker, Schweizerisches Übernahmerecht, Bern 2009, S. 271). Um Umgehungen zu verhindern, wendet die Übernahmekommission die Best Price Rule unter Umständen auch auf einen Kauf an, der erst nach Ablauf der Frist von sechs Monaten erfolgt. Das ist etwa der Fall, wenn der Anbieter nachweislich bereits im Zeitpunkt des Angebotes die Absicht hatte, später weitere Aktien zu einem höheren als dem Angebotspreis zu erwerben (Verfügung 638/01 vom 9. September 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 4.2.1.2; Urs Schenker, Schweizerisches Übernahmerecht, Bern 2009, S. 271).

[21] Der zeitliche Anwendungsbereich der Best Price Rule knüpft grundsätzlich an den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der betreffenden Transaktion an und die Best Price Rule findet (vorbehältlich sog. gekoppelter Gesamttransaktionen, siehe unten) keine Anwendung auf Transaktionen, deren Verpflichtungsgeschäft vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts bzw. der Voranmeldung stattfand. Derartige Transaktionen können allenfalls unter die Bestimmungen über den vorausgegangenen Erwerb fallen, sofern die dafür massgeblichen Voraussetzungen gegeben sind (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Quadrant AG vom 30. November 2010, Erw. 12.1). Der Vollzugszeitpunkt der betreffenden Transaktion (Verfügungsgeschäft) spielt dabei grundsätzlich keine Rolle und kann auch ausserhalb der Geltungsdauer der Best Price Rule liegen (Verfügung 678/02 vom 28. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 1.2.2; Tatjana Linder, Die Best Price Rule im schweizerischen Übernahmerecht unter besonderer Berücksichtigung der Cross Conditionality, Zürich/Basel/Genf 2010, S. 97 und 124 f.; Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 675).

[22] Von obigem Grundsatz ausgenommen sind nach der Praxis der Übernahmekommission wie angedeutet die sog. gekoppelten Gesamttransaktionen. Gekoppelte Gesamttransaktionen werden vom Bundesverwaltungsgericht und der Übernahmekommission definiert als Transaktionen, die zwar vor der Veröffentlichung der Voranmeldung bzw. des Angebots abgeschlossen werden, die aber durch eine Bedingung an das Angebot bzw. den Erfolg des Angebots geknüpft sind.

[23] Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Quadrant AG vom 30. November 2010, Erw. 12.1 formuliert dies wie folgt:

Nach der Praxis der Übernahmekommission sind davon gekoppelte Gesamttransaktionen ausgenommen, d.h. Transaktionen, bei denen das Verpflichtungsgeschäft in die für den vorausgegangenen Erwerb massgebliche Zeit fällt, aber an die Bedingung geknüpft ist, dass das öffentliche Angebot zustande kommt. Derartige Transaktionen fallen nach dieser Praxis ebenfalls unter die Best Price Rule […].

[24] In früheren Entscheiden der Übernahmekommission wurde dazu wie folgt Stellung genommen (Verfügung 329/01 vom 22. August 2007 in Sachen Unilabs S.A., Erw. 2.5; Verfügung 307/01 vom 8. Januar 2007 in Sachen Bank Sarasin & Cie AG, Erw. 3.2; Empfehlung 227/01 vom 9. März 2005 in Sachen Büro Fürrer AG, Erw. 2.2; Empfehlung 202/02 vom 6. Juli 2004 in Sachen Aare-Tessin AG für Elektrizität; Erw. 2.2):

Finden der Vertragsschluss und dessen Vollzug vor Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung statt, liegt ein Fall von „vorausgegangenem Erwerb“ von Beteiligungspapieren im Sinne von Art. 38 BEHV-EBK vor. Dasselbe gilt im Grundsatz, wenn der Vertragsschluss für den Erwerb der Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft vor dem Angebot bzw. der Voranmeldung, der Vollzug jedoch erst nachher stattfindet. Auch hier liegt „vorausgegangener Erwerb“ vor, allerdings nur dann, wenn der Erwerb der Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft durch die Anbieterin (bzw. durch eine mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnde Person) nicht durch eine aufschiebende oder auflösende Bedingung an das Angebot bzw. an den Erfolg des Angebots geknüpft wird […].

Es darf in anderen Worten grundsätzlich keine gekoppelte Gesamttransaktion von vorausgegangenen Erwerb und öffentlichem Kaufangebot vorliegen, andernfalls ist der noch nicht vollzogene Kauf der Best Price Rule zu unterstellen.

3.4 Sachlicher Anwendungsbereich

[25] Die Best Price Rule ist auf jeden (in)direkten Erwerb von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft und auf jeden Erwerb von Beteiligungsderivaten und auf die Angebote, die sich auf solche beziehen, anwendbar, unabhängig davon, ob die Beteiligungspapiere oder Beteiligungsderivate kotiert oder vom Angebot erfasst sind (Art. 10 Abs. 1 und 2 UEV; Verfügung 678/02 vom 28. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 1.2.3; Verfügung 638/01 vom 9. September 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 4.2.1.1; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Quadrant AG vom 30. November 2010, Erw. 12.1; Tatjana Linder, Die Best Price Rule im schweizerischen Übernahmerecht unter besonderer Berücksichtigung der Cross Conditionality, Zürich/Basel/Genf 2010, S. 118; Urs Schenker, Schweizerisches Übernahmerecht, Bern 2009, S. 274).

4. Rechtliche Beurteilung bzw. Einordnung der beabsichtigten Transaktionen im Hinblick auf die Best Price Rule (Antrag Ziff. 1 der Anbieterin)

[26] Im Folgenden werden die im Sachverhalt beschriebenen beabsichtigten Transaktionen, welche im Umfeld des beabsichtigten Kaufangebots bzw. im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Kaufangebot stattfinden, daraufhin untersucht, ob sie

(i) im Anwendungsbereich der Best Price Rule im Sinne der Ausführungen in Erw. 3 liegen, und, falls ja, ob sie
(ii) eine Verletzung der Best Price Rule im Sinne der Ausführungen in Erw. 2.3 bewirken.

[27] Die Untersuchung, ob die beabsichtigten Transaktionen im Anwendungsbereich der Best Price Rule liegen, wird sich nachfolgend im Wesentlichen auf die Frage nach dem zeitlichen Anwendungsbereich beschränken, da es sich bei den beabsichtigten Transaktionen stets um solche handelt, bei denen die Anbieterin oder eine mit dieser in gemeinsamer Absprache handelnde Person (vgl. dazu die Ausführungen in Erw. 4.5.1 unten) Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft erwirbt.

4.1 Kauf der Beteiligung von EDF durch EOS und EBM und dessen Finanzierung durch Pflichtwandelanleihen: Nicht-Anwendbarkeit der Best Price Rule

[28] Das Verpflichtungsgeschäft, d.h. die Unterzeichnung des EDF SPA durch die relevanten Parteien, fand am 4. April 2019 und somit vor Veröffentlichung der Voranmeldung statt, welche voraussichtlich am 29. Mai 2019 erfolgen soll. Das Verfügungsgeschäft, d.h. der Vollzug des EDF SPA, erfolgte am 28. Mai 2019, und fällt daher ebenfalls in die Zeit vor Veröffentlichung der Voranmeldung (vgl. Sachverhalt Bst. E und F).

[29] Der Vollzug des EDF SPA ist einzig darauf bedingt, dass die notwendigen wettbewerbsrechtlichen Freistellungen (rechtskräftig) erteilt werden (sog. Required Clearances/Approvals-Bedingung). Im EDF SPA sind sodann einige Nach- resp. Differenzzahlungen vorgesehen, welche zukünftig unter bestimmten Umständen seitens der Käufer (EOS und EBM) zusätzlich zum Kaufpreis an die Verkäufer zu leisten sind.

[30] In casu bewirken weder die Required Clearances/Approvals-Bedingung noch die im EDF SPA vorgesehenen Nach- resp. Differenzzahlungen eine gekoppelte Gesamttransaktion im Sinne der Praxis der Übernahmekommission: Mit der Required Clearances/Approvals-Bedingung wird das EDF SPA lediglich von einer sog. unerlässlichen Bedingung abhängig gemacht, einer Bedingung also, ohne deren Eintritt die Akquisition nicht vollzogen werden darf (vgl. Empfehlung 329/01 vom 22. August 2007 in Sachen Unilabs S.A., Erw. 2.8 sowie Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 140 und FN 409). Das EDF SPA unterliegt ferner auch nicht einer No Injunction-Bedingung, von welcher das Kaufangebot abhängig gemacht werden soll.

[31] Da der Vollzug des EDF SPA wie dargelegt nicht durch eine aufschiebende oder auflösende Bedingung an das Kaufangebot oder dessen Zustandekommen geknüpft ist und das EDF SPA sowohl vor der Voranmeldung abgeschlossen als auch vollzogen wird, handelt es sich beim Aktienerwerb durch EOS und EBM um einen vorausgegangenen Erwerb.

[32] Die Best Price Rule findet entsprechend keine Anwendung auf den Aktienerwerb durch EOS und EBM, womit auch eine Verletzung dieser Regel ausgeschlossen ist.

4.2 Wandlung der Pflichtwandelanleihen: Nicht-Anwendbarkeit der Best Price Rule

[33] Der im Zusammenhang mit der Akquisition an EDFAI zu bezahlende Kaufpreis wird durch Pflichtwandelanleihen finanziert. Das bezüglich der Pflichtwandelanleihen bzw. deren Wandlung massgebliche Verpflichtungsgeschäft (d.h. die Unterzeichnung des Mandatory Exchangeable Loans Agreement) fand am 4. April 2019 vor Veröffentlichung der Voranmeldung statt.

[34] Gemäss dem Mandatory Exchangeable Loan Agreement ist die Wandlung der Pflichtwandelanleihen nicht an den Erfolg des Kaufangebots geknüpft. Vielmehr findet die Wandlung der Pflichtwandelanleihen unabhängig vom Erfolg des Kaufangebots spätestens am Werktag nach der Dekotierung der Alpiq-Namenaktien oder, falls früher, am Jahrestag des Vollzugs des EDF SPA statt, womit keine gekoppelte Gesamttransaktion im übernahmerechtlichen Sinne vorliegt.

[35] Die Best Price Rule findet entsprechend keine Anwendung auf die Wandlung der Pflichtwandelanleihen. Eine Verletzung der Best Price Rule im Zusammenhang mit der Wandlung der Pflichtwandelanleihen kann ausgeschlossen werden.

4.3 Auflösung bzw. Wandlung der Hybrid-Darlehen: Nicht-Anwendbarkeit der Best Price Rule

[36] Nach Abschluss des Squeeze out und der Dekotierung soll das Hybrid-Darlehen aufgelöst bzw. in Alpiq-Namenaktien gewandelt werden. Als Folge der Wandlung in Alpiq-Namenaktien soll die angestrebte Parität von je einem Drittel für EOS, die SKBAG und die KSM-Mitglieder (Drittelsstruktur) soweit als möglich hergestellt werden. Die Rechtsgrundlage für die beschriebene Wandlung des Hybrid-Darlehens findet sich nicht in den sog. Shareholder Loan Notes, sondern in Ziffer 2.8 der Transaktionsvereinbarung. Die für den Vollzug der Wandlung erforderlichen Beteiligungspapiere sollen über eine Kapitalerhöhung geschaffen und durch Verrechnung der einzelnen unter dem Hybrid-Darlehens bestehenden Darlehensbeträge liberiert werden. Dabei werden die Gläubiger des Hybrid-Darlehens Beteiligungspapiere im Verhältnis zu ihren jeweiligen Darlehensbeträgen unter dem Hybrid-Darlehen zeichnen. Die Wandlung erfolgt zum Marktwert des Hybrid-Darlehens geteilt durch den Wandelpreis, welcher dem Angebotspreis unter dem Kaufangebot entsprechen soll.

[37] Das mit Blick auf die Wandlung des Hybrid-Darlehens massgebliche Verpflichtungsgeschäft (d.h. die Unterzeichnung der Transaktionsvereinbarung) wurde am 4. April 2019 vor Veröffentlichung der Voranmeldung getätigt. Die Wandlung des Hybrid-Darlehens ist nicht im Sinne einer gekoppelten Gesamttransaktion an das Kaufangebot geknüpft, da die Wandlung des Hybrid-Darlehens – aufgrund der festen Absicht der Gläubiger des Hybrid-Darlehens, die Zielgesellschaft mit mehr Eigenkapital auszustatten – unabhängig vom Zustandekommen bzw. Vollzug des Kaufangebots vorgenommen werden soll. Die Gläubiger des Hybrid-Darlehens beabsichtigen, die Kapitalstruktur der Zielgesellschaft zu verändern und dieser mehr Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Das Verfügungsgeschäft, d.h. die tatsächliche Wandlung des Hybrid-Darlehens in Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft, ist sodann auch für das zweite oder dritte Quartal 2020 vorgesehen, und fällt damit in eine Periode, während welcher die Best Price Rule in zeitlicher Hinsichtvorbehalts einer allfälligen Umgehung nicht mehr anwendbar ist (vgl. Sachverhalt Bst. E und F).

[38] Die Best Price Rule findet entsprechend keine Anwendung auf die Wandlung des Hybrid-Darlehens. Eine Verletzung der Best Price Rule im Zusammenhang mit der Wandlung des Hybrid-Darlehens kann ausgeschlossen werden.

4.4 Kaufangebot der Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG

4.4.1 Anwendbarkeit der Best Price Rule

[39] Nach Vollzug des EDF SPA wird die SKBAG das Kaufangebot zu einem Angebotspreis von CHF 70 je Alpiq-Namenaktie unterbreiten (vgl. Sachverhalt Bst. F).

[40] Als in gemeinsamer Absprache handelnd im Sinne von Art. 11 UEV bzw. Art. 33 FinfraV-FINMA mit SKBAG respektive der Credit Suisse Anlagestiftung qualifizieren soweit ersichtlich EOS, die KSM-Mitglieder und Alpiq. Die Frage, ob gewisse Parteien nicht nur in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handeln, sondern darüber hinaus gar selber Anbieterqualität aufweisen (vgl. Verfügung 638/01 vom 9. September 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 3.3), kann im Rahmen der vorliegenden Verfügung offen gelassen werden, da der persönliche Anwendungsbereich vorliegend so oder so erfüllt ist.

[41] Mit Blick auf das Kaufangebot kommt die Best Price Rule gemäss Art. 10 UEV klarerweise zur Anwendung. Sie gilt ab Veröffentlichung der Voranmeldung bis sechs Monate nach Ende der Nachfrist.

4.4.2 Keine Verletzung der Best Price Rule

[42] Im Rahmen des Kaufangebots offeriert die Anbieterin allen Empfängern des Angebotes denselben Angebotspreis in der Höhe von voraussichtlich CHF 70. Relevante Nebenleistungen, die im Rahmen des Kaufangebots an einzelne Aktionäre ausgerichtet werden, sind nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch Erw. 4.6.2 unten). Vor diesem Hintergrund sind die entsprechenden Erwerbe mit der Best Price Rule vereinbar.

4.5 Squeeze out-Transaktion

4.5.1 (Nicht-)Anwendbarkeit der Best Price Rule

[43] Nach Vollzug des Kaufangebots soll eine Squeeze out-Transaktion stattfinden. Je nach Art der Squeeze out-Transaktion (d.h. Squeeze out-Fusion oder Kraftloserklärungsklage) wird der Squeeze out vor oder nach der Dekotierung der Alpiq-Namenaktien erfolgen (vgl. Sachverhalt Bst. F).

[44] Sofern die Squeeze out-Transaktion innert sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist erfolgt, was für das Kraftloserklärungsverfahren der Fall sein dürfte, findet die Best Price Rule Anwendung. Im Falle des Squeeze out-Fusion wird der Fusionsvertrag erst nach der zeitlichen Geltungsdauer der Best Price Rule unterzeichnet werden, um die Risiken im Zusammenhang mit einer allfälligen Anfechtungsklage gemäss Art. 105 FusG („gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Ausgleichszahlung“) zu minimieren.

4.5.2 Keine Verletzung der Best Price Rule

[45] Unabhängig von der Art der Squeeze out-Transaktion (d.h. Squeeze out-Fusion oder Kraftloserklärungsklage) sollen diejenigen Empfänger des Angebots, welche das Kaufangebot nicht angenommen haben, den im Rahmen des Kaufangebots bezahlten Angebotspreis erhalten. Relevante Nebenleistungen, die im Zusammenhang mit der Squeeze out-Transaktion an einzelne Aktionäre ausgerichtet werden, sind nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch Erw. 4.6.2 unten). Vor diesem Hintergrund sind die entsprechenden Erwerbe mit der Best Price Rule vereinbar.

4.6 Ausgleichstransaktionen zwecks Herstellung der Drittelsstruktur

4.6.1 Nicht-Anwendbarkeit der Best Price Rule

[46] EOS, SKBAG sowie die KSM-Mitglieder haben sich am 4. April 2019 mit der Unterzeichnung der Transaktionsvereinbarung darauf geeinigt, dass gewisse Ausgleichstransaktionen in Alpiq-Namenaktien nach Abschluss der Squeeze out-Transaktion und der Umwandlung der Hybrid-Darlehen voraussichtlich im dritten Quartal 2020 und somit grundsätzlich nach Ende der zeitlichen Geltungsdauer der Best Price Rule stattfinden sollen. Das Verpflichtungsgeschäft, d.h. die Unterzeichnung der Transaktionsvereinbarung, fand vor Veröffentlichung der Voranmeldung statt, welche voraussichtlich erst am 29. Mai 2019 erfolgen wird.

[47] Die Ausgleichstransaktionen in Alpiq-Namenaktien werden grundsätzlich auch im sehr unwahrscheinlichen Fall stattfinden, wenn das Kaufangebot nicht vollzogen werden sollte (pro memoria: das Kaufangebot wird voraussichtlich nur darauf bedingt werden, dass es nicht durch eine behördliche Anordnung untersagt wird [sog. No Injunction-Bedingung]). Sollte das Kaufangebot nun wider Erwartens nicht durchgeführt werden, dann kommt die Regelung von Ziffer 6 lit. b) der Transaktionsvereinbarung zum Tragen, wonach die massgeblichen Parteien auf einer "best efforts"-Basis alle notwendigen Massnahmen zu treffen haben, damit eine Alternativstruktur festgelegt werden kann, welche der geplanten Neuorganisation inklusive der Drittelsstruktur möglichst nahe kommt. Als Alternative zum Kaufangebot würde gemäss Aussagen der Anbieterin eine Squeeze out-Fusion nach Art. 8 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 5 FusG angestrebt werden, wobei die Anbieterin und die mit dieser in gemeinsamer Absprache handelnden Personen diesfalls durch irgendwelche Erwerbstransaktionen oder andere Massnahmen (wie z.B. eine vorgezogene Umwandlung der Hybrid-Darlehen) sicherstellen müssten, dass sie den Schwellenwert von mindestens 90% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft erreichen.

[48] Mit den obigen Ausführungen ist erstellt, dass die Ausgleichstransaktionen nicht vom Erfolg bzw. Vollzug des Kaufangebots abhängen, womit in casu auch keine gekoppelte Gesamttransaktion im Sinne der Praxis der Übernahmekommission vorliegt.

[49] Die Übernahmekommission dehnt den zeitlichen Geltungsbereich der Best Price Rule in Einzelfällen aus, wenn es darum geht, mögliche Umgehungen der Best Price Rule zu verhindern (vgl. dazu beispielhaft die Verfügung 638/01 vom 9. September 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 4.2.1.2: „Das ist etwa der Fall, wenn der Anbieter nachweislich bereits im Zeitpunkt des Angebotes die Absicht hatte, später weitere Aktien zu einem höheren als dem Angebotspreis zu erwerben […].“; Empfehlung 170/02 vom 28. August 2003 in Sachen Bon Appétit Group, Erw. 4.1).

[50] Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich und es finden sich keine Hinweise darauf, dass die Ausgleichstransaktionen zur Herbeiführung der Drittelsstruktur zur Umgehung der Best Price Rule genutzt werden sollen. Dagegen spricht im vorliegenden Fall bereits die allgemeine Interessenlage: So geht es der Anbieterin und den mit dieser in gemeinsamer Absprache handelnden Personen vorliegend nicht darum, sich (weitere) Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu sichern. Vielmehr entspricht es der Absicht der Parteien die Drittelsstruktur durch Verschiebung der durch die Parteien bereits gehaltenen Aktien unter Beachtung der Gleichstellung der Angebotsempfänger zu etablieren, wobei die Ausgleichstransaktionen grundsätzlich zum Angebotspreis von CHF 70 pro Alpiq-Namenaktie erfolgen sollen. Im unwahrscheinlichen Fall, dass zur Herstellung der Drittelsstruktur die Beteiligung von EOS an der Zielgesellschaft erhöht werden muss (vgl. Sachverhalt F), werden die anderen beiden Aktionärsgruppen der EOS die notwendigen Alpiq-Namenaktien gegenleistunglos zur Verfügung stellen. Die Ausgleichstransaktionen bewirken keine Schlechterstellung der Angebotsempfänger und es sind – wie nachfolgend dargelegt – auch keine wesentlichen Nebenleistungen erkennbar, welche eine andere Schlussfolgerung nahelegen würden.

4.6.2 Analyse potentieller Nebenleistungen

[51] Die Anbieterin hat die IFBC AG, Zürich (IFBC), des Weiteren auch mit der Analyse der Einhaltung der übernahmerechtlichen Preisbestimmungen hinsichtlich des Aktionärsbindungsvertrags mandatiert.

[52] In dem der Übernahmekommission vorliegenden Gutachten von IFBC werden die folgenden 13 Elemente im Aktionärsbindungsvertrag identifiziert und einer Beurteilung unterzogen:

  Fachwissen (Know How): Das zur Etablierung des zukünftigen Geschäftsmodells der Alpiq notwendige Fachwissen wird gemäss IFBC durch alle drei Aktionärsgruppen (EOS, Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG, KSM-Mitglieder) in die Gesellschaft eingebracht. Das eingebrachte Fachwissen sei allerdings weder für die eine noch die andere Partei so einzigartig, dass sich daraus ein Wertvorteil ergeben würde. Zudem würden die sog. Industry Experts als Mitglied des Verwaltungsrats von Alpiq für das eingebrachte Fachwissen marktüblich entschädigt.
  Langfristige Strombezugsverträge (Off Take Agreements): Mit Blick auf die Abreden gemäss den langfristigen Strombezugsverträgen gelangt IFBC zum Schluss, dass sich aus diesen keine Wertvorteile ergeben, da für die drei Aktionärsgruppen ein allfälliger Gewinn oder Verlust aus dem Strombezug stets mit einer gegenläufigen Wertentwicklung von Alpiq kompensiert werde.
  Ausübung des Stimmrechts und Dividendenpolitik: Die drei Aktionärsgruppen werden zu gleichen Teilen an Alpiq beteiligt sein, über dasselbe Stimmrecht verfügen und dieselbe Dividende erhalten. Jede Partei verpflichtet sich, an allen Generalversammlungen teilzunehmen, an welchen über wichtige Angelegenheiten abgestimmt wird, und dort ihr Stimmrecht auszuüben. IFBC gelangt zum Schluss, dass sich aufgrund der Gleichverteilung der Beteiligungen und Stimmrechte keine Wertvorteile ergeben.
  Vertretungsrecht im Verwaltungsrat: Der Verwaltungsrat umfasst maximal sieben Mitglieder. Dabei stellen die drei Aktionärsgruppen je zwei Verwaltungsratsmitglieder und wählen einstimmig ein unabhängiges Verwaltungsratsmitglied. Gemäss IFBC resultieren aus den Vertretungsrechten im Verwaltungsrat aufgrund der Gleichverteilung der Beteiligungen sowie der Vertretungsrechte keine Wertvorteile.
  Verwaltungsratsbeschlüsse: Der Verwaltungsrat ist nur ordnungsgemäss konstituiert und berechtigt, (mit einfacher Mehrheit) Entscheide zu fällen, sofern je ein Vertreter der einzelnen Aktionärsgruppen und insgesamt mindestens vier Verwaltungsratsmitglieder anwesend sind. Aus dieser Ausgestaltung der Verwaltungsratsbeschlussfähigkeit ergeben sich gemäss IFBC keine Wertvorteile für eine der Aktionärsgruppen.
  Gruppenvetorecht: Mit Blick auf die Ausgestaltung der Vetorechte betreffend wichtige Geschäfte (wie z.B. Kapitalerhöhungen, den Verkauf von Vermögenswerten und die Auszahlung von Dividenden), welche der Generalversammlung vorgelegt werden müssen und dort der Genehmigung einer qualifizierten Mehrheit (75% der Stimmen und Aktiennennwerte) bedürfen, erklärt IFBC, dass es sich hierbei grundsätzlich um (vertragstypische) gegenseitige Nebenleistungen aller Aktionärsgruppen handle. Folglich resultiere daraus kein Netto-Wertvorteil für eine einzelne Aktionärsgruppe mit Relevanz für die übernahmerechtlichen Preisbestimmungen.
  Zeitlich befristetes Kaufs- und Verfügungsverbot: Den Aktionärsgruppen ist es während der sog. Tender Offer Cover Period ohne Zustimmung der übrigen Aktionärsgruppen untersagt, entgeltlich oder unentgeltlich, ganz oder teilweise sog. gebundene Aktien zu erwerben oder eine Übertragung solcher Aktien an Dritte oder an die übrigen Aktionärsgruppen vorzunehmen. Aus dem zeitlich befristeten Kaufs- und Verfügungsverbot ergeben sich gemäss IFBC keine Wertvorteile, da die erwähnten Einschränkungen gleichermassen für jede Aktionärsgruppe gelten.
  Verfügungsbeschränkungen: Nach Ablauf des Verfügungsverbots sind Übertragungen unter bestimmten Voraussetzungen (Stichwort: Einhaltung der Parität, Eintritt in die Off Take Agreements, Verpfändungsverbot) für alle Aktionärsgruppen erlaubt. Aus den Verfügungsbeschränkungen ergeben sich gemäss IFBC aufgrund der Pflicht zur Einhaltung der Parität für jede der drei Aktionärsgruppen keine Wertvorteile.
  Recht auf Erstverhandlung und Vorkaufsrecht: Beabsichtigt eine der Aktionärsgruppen eine Übertragung aller von ihr gehaltenen Aktien vorzunehmen, steht den übrigen Aktionärsgruppen paritätisch ein Recht auf Erstverhandlung und ein Vorkaufsrecht zu. Dieses steht jeder Partei zu gleichen Teilen nur für alle übertragenen Aktien zu. Gemäss IFBC lassen sich sowohl aus dem Recht auf Erstverhandlung als auch den gewährten Vorkaufsrechten keine Wertvorteile für die Aktionärsgruppen mit Relevanz für die übernahmerechtlichen Preisbestimmungen ableiten.
  Mitverkaufsrecht: Mit Blick auf das jeder Aktionärsgruppe zustehende Mitverkaufsrecht bezüglich sämtlicher gehaltener Aktien, das zum Tragen kommt, wenn sich zwei der drei Aktionärsgruppen zur Übertragung ihrer Aktien verpflichtet haben, stellt IFBC fest, dass es sich um eine Nebenleistung aller Aktionäre handelt. Folglich entstehe kein Wertvorteil für die Aktionärsgruppen mit Relevanz für die übernahmerechtlichen Preisbestimmungen.
  Kaufrecht: Im Falle einer Verwertung der Aktien einer Aktionärsgruppe oder bei einem eine Aktionärsgruppe betreffenden, nicht ausdrücklich erlaubten Kontrollwechsel besteht für die Aktionärsgruppen ein Kaufrecht für die Aktien der betroffenen Partei zum jeweiligen Marktpreis. Gemäss IFBC handelt es sich beim Kaufrecht um eine (vertragstypische) Nebenleistung aller Aktionärsgruppen, woraus kein Wertvorteil für eine der Aktionärsgruppen mit Relevanz für die übernahmerechtlichen Preisbestimmungen entstehe.
  Informationsrechte: Gemäss Aktionärsbindungsvertrag werden den Aktiuonärsgruppen gewisse Finanzinformationen (bspw. Quartalsrechnungen, Geschäftsberichte, Business Plan und Budget) betreffend Alpiq zur Verfügung gestellt. Nach Ansicht von IFBC stellen die entsprechenden Informationsrechte keinen Wertvorteil zu Gunsten einer der drei Aktionärsgruppen dar, sondern bilden vielmehr eine praxisübliche Voraussetzung, um ein nicht kotiertes Unternehmen zielgerichtet führen zu können.
  Vertragsstrafe: Verletzt eine der Aktionärsgruppen eine ihrer Verpflichtungen aus dem Aktionärsbindungsvertrag, so hat sie für jeden Verstoss einen ihrer prozentualen Beteiligung entsprechenden Anteil des Betrages von CHF 5'000'000 zu bezahlen. Dieser ist an die übrigen Aktionärsgruppen im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Beteiligung zu zahlen. Gemäss IFBC handelt es sich im Fall der Vertragsstrafe um eine Nebenleistung aller Aktionärsgruppen. Daraus entstehe folglich kein Wertvorteil für einzelne Aktionärsgruppen mit Relevanz für die übernahmerechtlichen Preisbestimmungen.

[53] Mit Blick auf die Einhaltung der Best Price Rule kommt IFBC zum Ergebnis, dass der Aktionärsbindungsvertrag keine Regelungen enthält, welche im Widerspruch zu den übernahmerechtlichen Preisbestimmungen, insbesondere der Best Price Rule, stehen respektive keine geldwerten Nebenleistungen im Aktionärsbindungsvertrag statuiert sind, welche in die Kalkulation des für die Best Price Rule massgeblichen Erwerbspreises miteinzubeziehen wären.

[54] Die Prüfstelle Ernst & Young AG, Zürich (E&Y), welche mit der Prüfung des Kaufangebots mandatiert ist, muss im Rahmen der zu erbringenden Prüfungshandlungen die Einhaltung der Best Price Rule gemäss Art. 127 FinfraG und Art. 10 UEV prüfen sowie mögliche Wertvorteile aus den Leistungen, Neben- und Gegenleistungen im Aktionärsbindungsvertrag beurteilen. E&Y kommt diesbezüglich zum Schluss, dass auf der Grundlage der bisherigen Praxis der Übernahmekommission die verschiedenen Transaktionsschritte keine gekoppelte Gesamttransaktion darstellen. Folglich seien die einzelnen Transaktionen, abgesehen von dem eigentlichen Kaufangebot, keine Best Price Rule relevanten Transaktionen. Aufgrund der zur Verfügung gestellten Dokumente und bezugnehmend auf das Gutachten von IFBC schliesst E&Y, dass das Gutachten von IFBC vollständig und angemessen ist und aus den potentiellen Leistungen, Neben- und Gegenleistungen keine für das Kaufangebot relevanten Wertvorteile für einzelne Aktionäre der Anbietergruppe entstehen.

4.7 Fazit

[55] Unter Zugrundelegung der Ausführungen in Erw. 4.1 bis und mit 4.6 kann antragsgemäss (Antrag Ziff. 1 der Anbieterin) festgestellt werden, dass unter Berücksichtigung der von SKBAG, EOS, den KSM-Mitgliedern, EDFAI und EDF abgeschlossenen Verträge die Best Price Rule bei einem Angebotspreis von CHF 70 je Alpiq-Namenaktie nicht verletzt ist.

5. Feststellung des Nichtvorliegens einer gesetzeswidrigen Abwehrmassnahme (Anträge Ziff. 1 und 2 der Zielgesellschaft)

5.1 Rechtliches

[56] Gemäss Art. 132 Abs. 2 FinfraG darf der Verwaltungsrat von der Veröffentlichung des Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Beschlüsse der Generalversammlung unterliegen dieser Beschränkung nicht und dürfen ausgeführt werden, unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Veröffentlichung des Angebots gefasst wurden.

[57] Zu den Abwehrmassnahmen gehören alle Handlungen der zuständigen Organe, die bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, eine unerwünschte Übernahme zu erschweren oder zu verhindern (vgl. Verfügung 638/03 vom 18. Oktober 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 8.3.2; Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Erw. 2.1; Empfehlung 343/03 vom 20. Dezember 2007 in Sachen Implenia AG, Erw. 2.1.1.2; Empfehlung 249/05 vom 23. August 2005 in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG, Erw. 1.1.2).

[58] Die Zielgesellschaft handelt insbesondere dann gesetzeswidrig, wenn sie ausserhalb eines Beschlusses der Generalversammlung Vermögenswerte verkauft oder erwirbt, deren Wert oder Preis mehr als 10 Prozent der Bilanzsumme entspricht oder die mehr als 10 Prozent zur Ertragskraft beitragen (jeweils auf Basis des letzten, gegebenenfalls konsolidierten Jahres- oder Zwischenabschlusses) (Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV).

[59] In zeitlicher Hinsicht beginnt die Kompetenzbeschränkung des Art. 132 Abs. 2 FinfraG –vorbehalts von Umgehungsfällen – mit der Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung (so genanntes Stichtagsprinzip; vgl. dazu Empfehlung 249/05 vom 23. August 2005 in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG, Erw. 1.2.2).

[60] Dem Wortlaut nach geht es bei Art. 132 Abs. 2 FinfraG um den Beschluss von Rechtsgeschäften des Verwaltungsrats. Gemäss Praxis der Übernahmekommission erfasst der Begriff nicht nur die Beschlussfassung im engeren Sinn, sondern jegliches exekutives Verhalten, gleichgültig welche Form es im Einzelfall annimmt, und somit grundsätzlich auch die Durchführung bzw. den Vollzug von Beschlüssen (zum Beispiel der Abschluss von Verträgen und andere Rechtshandlungen, vgl. Empfehlung 254/01 vom 26. September 2005 in Sachen Sarna Kunststoff Holding AG, Erw. 6.3, damals noch mit Blick auf den Art. 29 Abs. 2 aBEHG). Vom Grundsatz, dass dem Verwaltungsrat auch die Umsetzung von Beschlüssen untersagt ist, die vor Unterbreitung des Angebots gefasst worden sind, kann unter Umständen aber abgewichen werden, wenn der Verwaltungsratsbeschluss zum Zeitpunkt der Publikation der Voranmeldung bereits konkrete verbindliche Aussenwirkung entfaltet hat, so dass ein Abbruch zu Schadenersatz beispielsweise aus Vertragsverletzung oder culpa in contrahendo führen würde (vgl. Empfehlung 254/01 vom 26. September 2005 in Sachen Sarna Kunststoff Holding AG, Erw. 6.3).

5.2 Erwägungen der Übernahmekommission

[61] Vorliegend ist unbestritten, dass die im Rahmen der AGCZ-Transaktion verkauften Vermögenswerte (d.h. die beiden Kohlekraftwerke) mehr als 10 Prozent zur Ertragskraft der Zielgesellschaft beitragen. Es ist deshalb zu prüfen, ob der Verkauf der Kohlekraftwerke eine unzulässige Abwehrmassnahme im Sinne von Art. 132 Abs. 2 FinfraG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV darstellt.

[62] Sowohl der Grundsatzentscheid (im Oktober 2018, vgl. Sachverhalt Bst. H) als auch das konkrete Verpflichtungsgeschäft zum Verkauf der Kohlekraftwerke (d.h. die Unterzeichnung des SPA per 16. Mai 2019) erfolgten vor Veröffentlichung der Voranmeldung, welche für den 29. Mai 2019 vorgesehen ist. Die Umsetzung bzw. der Vollzug der AGCZ-Transaktion wird hingegen erst nach Publikation der Voranmeldung, voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2019, während des Kaufangebots stattfinden können.

[63] Vorliegend ist nun aber rechtsgenügend nachgewiesen, dass die AGCZ-Transaktion mit dem bereits abgeschlossenen SPA so weit gediehen ist, dass der Zielgesellschaft durch den Abbruch bzw. Nicht-Vollzug der AGCZ-Transaktion ein erheblicher Schaden droht, mit der Folge, dass Art. 132 Abs. 2 FinfraG nicht zur Anwendung gelangt.

[64] Mit dem Gesagten kann antragsgemäss (Antrag Ziff. 1 der Zielgesellschaft) festgestellt werden, dass der Vollzug des SPA keine gesetzeswidrige Abwehrmassnahme im Sinne von Art. 132 Abs. 2 FinfraG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV darstellt.

[65] Mit der Gutheissung von Antrag Ziff. 1 der Zielgesellschaft wird der Antrag Ziff. 2 der Zielgesellschaft gegenstandslos.

6. Publikation (Antrag Ziff. 2 der Anbieterin bzw. Antrag Ziff. 3 der Zielgesellschaft)

[66] Die Anbieterin veröffentlicht in Übereinstimmung mit Art. 6 und 7 UEV das Dispositiv dieser Verfügung und den Hinweis, innert welcher Frist und zu welchen Bedingungen eine qualifizierte Aktionärin oder ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen diese Verfügung erheben kann.

[67] Die vorliegende Verfügung wird gemäss der üblichen Praxis im Anschluss zur Publikation der Voranmeldung auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 138 Abs. 1 FinfraG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

[68] Auf die Offenlegung vertraulicher Informationen (mit Blick auf die Kennzahlen betreffend die Alpiq Generation (CZ) s.r.o sowie Angaben zum Auktionsprozess) wurde in der vorliegenden Verfügung antragsgemäss verzichtet.

7. Gebühr

[69] In Anwendung von Art. 126 Abs. 5 FinfraG und Art. 118 FinfraV wird für die Behandlung des vorliegenden SKBAG-Gesuchs eine Gebühr zu Lasten der Anbieterin erhoben. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit des Falles setzt der Ausschuss die Gebühr auf CHF 40'000 fest.

[70] In Anwendung von Art. 126 Abs. 5 FinfraG und Art. 118 FinfraV wird für die Behandlung des vorliegenden Alpiq-Gesuchs eine Gebühr zu Lasten der Zielgesellschaft erhoben. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit des Falles setzt der Ausschuss die Gebühr auf CHF 10'000 fest.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1.

Die Best Price Rule ist bei einem Angebotspreis von CHF 70 je Namenaktie der Alpiq Holding AG nicht verletzt, unter Berücksichtigung der von

Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG, EOS Holding SA, EDF Alpes Investissements Sàrl, EDF International SAS, Aziende Industriali di Lugano (AIL) SA, EBL (Genossenschaft Elektra Baselland), EBM (Genossenschaft Elektra Birseck), Eniwa Holding AG, Kanton Solothurn, WWZ AG,

am 4. April 2019 abgeschlossenen Verträge (also dem Vertrag betreffend den Kauf des Aktienpakets von EDF Alpes Investissements Sàrl durch EBM [Genossenschaft Elektra Birseck] und EOS Holding SA, den Vereinbarungen betreffend die Finanzierung des Kaufpreises durch Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG und die Wandlung der von verschiedenen Parteien [nämlich EOS Holding SA, EBL [Genossenschaft Elektra Baselland], EBM [Genossenschaft Elektra Birseck], Kanton Solothurn, Eniwa Holding AG und WWZ AG] der Alpiq Holding AG gewährten Hybrid-Darlehen, der zwischen Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG, EOS Holding SA und Aziende Industriali di Lugano [AIL] SA, EBL [Genossenschaft Elektra Baselland], EBM [Genossenschaft Elektra Birseck], Eniwa Holding AG, Kanton Solothurn und WWZ AG abgeschlossen Transaktionsvereinbarung sowie dem unter denselben Parteien abgeschlossenen Aktionärsbindungsvertrag und Übergangsvertrag).

2. Der Vollzug des Aktienkaufvertrags vom 16. Mai 2019 zwischen Alpiq AG als Verkäuferin und Sev.en Zeta a.s. als Käuferin betreffend die Aktie in Alpiq Generation (CZ) s.r.o. stellt keine gesetzeswidrige Abwehrmassnahme im Sinne von Art. 132 Abs. 2 FinfraG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV dar.
3. Die Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG veröffentlicht in Übereinstimmung mit Art. 6 und 7 UEV das Dispositiv dieser Verfügung und den Hinweis, innert welcher Frist und zu welchen Bedingungen eine qualifizierte Aktionärin oder ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen diese Verfügung erheben kann.
4. Diese Verfügung wird im Anschluss zur Publikation der Voranmeldung auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
5. Die Gebühr zu Lasten der Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG beträgt CHF 40'000.
6. Die Gebühr zu Lasten der Alpiq Holding AG beträgt CHF 10'000.



Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

-   Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG, vertreten durch Dr. Dieter Dubs, Bär & Karrer AG;

-   Alpiq Holding AG, vertreten durch Dr. Hansjürg Appenzeller und Dr. Anna Peter, Homburger AG.

Mitteilung an:

Ernst & Young AG (Prüfstelle)

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).